Der persönlich haftende Unternehmer in der Marktwirtschaft

Bizer, K. & Becker, L. (2008). Der persönlich haftende Unternehmer in der Marktwirtschaft. Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte (Heft 60). Göttingen.

In diesem Arbeitsheft wird die Rolle des Unternehmers und der persönlichen Haftung in der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland mit allen ihren Unvollkommenheiten betrachtet. Der Unternehmer trägt in seinen Funktionen erstens als Risikoträger, zweitens als Innovator und drittens als Informationsmanager dazu bei, die Transaktionskosten zu senken und fördert auf diese Weise das Wirtschaftswachstum.

Die persönliche Haftung sowohl für die einzelnen Unternehmen als auch die gesamte Volkswirtschaft ist in Abhängigkeit der marktlichen Umstände dann vorteilhaft, wenn Kapital- aber vor allem Auftraggeber auf der Basis relativ weniger Informationen über das Unternehmen sich zu Transaktionen entschließen sollen. In diesem Zusammenhang signalisiert die persönliche Haftung etwa einem Auftraggeber, dass die Person des Unternehmers sich sehr weitgehend mit dem Unternehmen identifiziert. Überdies kann besonders die persönliche Haftung als Signal der Zuverlässigkeit an Kapitalgeber und andere Marktteilnehmer verstanden und genutzt werden. Ein deutlicheres Signal der Überzeugung von einer Geschäftsidee in Richtung der Banken als eine Haftung mit dem eigenen Privatvermögen ist kaum denkbar. Diese Signalwirkung gilt nicht nur für die Geldgeber, sondern lässt sich auch auf die Sicherheit für die eigenen Mitarbeiter, die Geschäftspartner und andere Marktteilnehmer übertragen.

Weiterhin sind bei Unternehmungen, die von ihren persönlich haftenden Besitzern geführt werden, im Gegensatz zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaften erheblich geringere Prinzipal-Agenten-Probleme zu erwarten. Die Frage, ob ein Management einer Unternehmung, das unabhängig von der Haftung agiert, eher die eigenen Interessen als die Interessen der Unternehmensbesitzer berücksichtigt, ist empirisch durchaus zu prüfen.

Aus den bisherigen Untersuchungen folgt für politische Handlungsempfehlungen, dass eine übermäßige Erleichterung der Zugangsmöglichkeiten zu Rechtsformen mit beschränkter Haftung nicht sinnvoll ist und von daher auch seitens der Politik immer kritisch hinterfragt werden sollte. Deshalb sollte jeder Inhaber eines KMU in Deutschland kritisch prüfen, ob eine beschränkte Haftung wirklich vorteilhaft sein kann. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren tendenziell eher von der persönlichen Haftung und sollten deshalb den Schritt in die beschränkte Haftung nur gehen, wenn die Vorteile der niedrigeren Transaktionskosten wirklich überwiegen. Grundsätzlich dem vermeintlichen Trend zu folgen oder diesen gar durch die Gesetzgebung zu forcieren, schadet den kleinen und mittleren Unternehmen eher als dass es ihnen nutzt. Aufgrund ihres starken lokalen Bezugs und der damit verbundenen hohen Bedeutung der Zuverlässigkeit im Handwerk dürfte gerade die negative Signalwirkung an Kunden ein besonderes Problem darstellen, so dass der Wechsel in eine haftungsbeschränkte Gesellschaft ohne entsprechende Kapitaleinlagen erhebliche Gefahren für Handwerker birgt.

Aus diesen Gründen sind ein Erhalt und die Stärkung der Unternehmensrechtsformen mit persönlicher Haftung insbesondere für kleinere Unternehmen wichtig. Gerade die Bedeutung der persönlichen Haftung zur Senkung von Transaktionskosten und das Aussenden von Signalen an andere Marktteilnehmer führen zu einem hohen volkswirtschaftlichen Nutzen. Darüber hinaus ist die gesellschaftliche Bedeutung des persönlich haftenden Unternehmers hervorzuheben. Er übernimmt mit seiner Person die Verantwortung für seine Unternehmung und die damit verbundenen Akteure und hat damit eine Vorbildfunktion in der sozialen Marktwirtschaft inne. Auch das ist ein Grund, der persönlichen Haftung zukünftig ein größeres Gewicht beizumessen.

Zurück (Veröffentlichungen)