Alterssicherung im Handwerk

Müller, K. & Thonipara, A. (2018). Alterssicherung im Handwerk. Göttinger Beiträge zur Handwerksforschung (Heft 18). Göttingen.

Der "goldene Boden" des Handwerks verliert an Glanz, wenn man auf die Alterssicherung der Betriebsinhaber sieht. Einer neuen Studie des ifh Göttingen zufolge erwarten mehr als 60 Prozent der Inhaber von Handwerksbetrieben eine gesetzliche Rente von weniger als 600 Euro. Nur jeder Achte hat Aussicht auf mehr als 1.000 Euro. Drei Viertel der Inhaber von Handwerksbetrieben wenden mehr Geld für die private Altersvorsorge auf als für die gesetzliche Rentenversicherung. Dabei bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede zwischen Soloselbstständigen aus dem zulassungsfreien und dem zulassungspflichtigen Handwerk und auch zwischen kleinen und größeren Handwerksbetrieben. Außerdem zeichnet sich ein klares West-Ost-Gefälle ab.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie sei, resümieren die Autoren, dass die ursprünglichen Ziele der Handwerkerpflichtversicherung heute nicht mehr erreicht werden. Insbesondere infolge der Novellie­rung der Handwerksordnung von 2004 unterlägen inzwischen viele selbstständige Handwerker nicht mehr der Versicherungspflicht, obwohl sie zu den besonders Schutzbedürftigen zu rechnen seien. Dieser Kreis der Handwerker sei stark gewachsen. Die Brisanz einer Versorgungslücke im Alter macht auch die Feststellung der Studie deutlich, dass eine Rentenberatung sehr oft erst im höheren Alter bzw. kurz vor dem Ruhestand wahrgenommen wird, obwohl eine Rentenberatung in einem frühen Stadium des Erwerbslebens sinnvoll ist.

Um die Situation zu verbessern, benennt die Untersuchung diverse Handlungsfelder sowohl in der Verantwortung der Handwerksorganisation als auch der Politik. Da allgemeine Informations­veranstaltungen und Beratungsangebote nur relativ schlecht angenommen würden, könnte die Alters­vorsorge in der allgemeinen Betriebsberatung der Handwerkskammern thematisiert werden. Beson­dere Beachtung sollte dabei nach den Ergebnissen der Studie den Soloselbstständigen gelten. Ihnen gelinge es vielfach nicht, ausreichende Erträge zu erwirtschaften, mit der Folge, dass Altersvorsorge unterbleibe.

Auch die Politik kann laut der Studie zu einer Verbesserung der Altersvorsorge beitragen. Alle größe­ren Parteien hatten sich schon zur Bundestagswahl 2017 für eine Versicherungspflicht der Selbststän­digen ausgesprochen. Sie würde, so die Autoren, Wettbewerbsverzerrungen vermeiden helfen und Scheinselbstständigkeit abbauen. Empfohlen wird auch, die Versicherungspflicht an eine Anzahl von Entgeltpunkten zu binden statt wie seit 1960 die Pflichtversicherungszeit in Monaten zu berechnen. Bei entsprechender Zahl der Punkte würde eine gesetzliche Rente über Grundsicherungsniveau garantiert werden, die zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards durch private Vorsorge ergänzt werden muss.

Für Rückfragen zu den Ergebnissen dieser Studie steht Dr. Anita Thonipara zur Verfügung.
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